Tutorial Nachsitzen

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Vorwort

Immer wieder muss ich feststellen, dass viele die (mit OpenGl) 3D Anwendungen schreiben, nichts mit der Mathematik dahinter anfangen können. Um das ein oder andere zu verstehen oder sich selbst überlegen zu können, ist dieses Wissen aber unabdingbar. Ich möchte mit diesem Artikel helfen, diesen meiner Meinung nach unhaltbaren Zustand zu beenden und entsprechends Wissen unter euch verbreiten. Das ein oder andere werded ihr aus der Schule bereits kennen, wenn ihr also etwas überspringen wollt, orientiert euch einfach an den Überschriften.

Trigonometrie am rechtwinkligen Dreieck

Man stelle sich vor, man hat einen Kreis, mit Radius 1. Der Mittelpunkt des Kreises befindet sich auf dem Koordinatensystem Ursprung. An der X-Achse ist ein Winkel ß angetragen:

Tutorial Nachsitzen einheitskreis.gif

An der x-Achse bildet sich dann ein rechter Winkel(wichtig für normale Trigonometrie). Die diesem Winkel gegenüberliegende Seite(r) nennt man Hypotenuse. Die am Winkel ß anliegende Seite(x) ist die Ankathete. Die dem Winkel gegenüberliegende Seite(y) heißt Gegenkathete. Jetzt definiert man folgende Funktionen:

sin(ß) = Gegenkathete / Hypotenuse
cos(ß) = Ankathete / Hypotenuse
tan(ß) = Gegenkathete / Ankathete

Im Einheitskreis(und nur dort) gilt:

sin(ß) = y
cos(ß) = x

da die länge der Hypotenuse 1 ist(Kreisradius).

Die Umkehrfunktionen dazu sind(in Pascal):

ß = arcsin(sin(ß))
ß = arccos(cos(ß))
ß = arctan(tan(ß))

für ß im bereich 0° - 90°. In den anderen Quadranten des Koordinatensystems, sind die Umkehrfunktionen nicht für alle Winkel eindeutig zurückzurechnen, hier muss man also ein wenig aufpassen, z.B. gibt arcsin(sin(ß)) im Bereich 90°-180° den Winkel 180° - ß aus. Im übrigen ist auch darauf zu achten, dass die FPU im Bogen- und nicht im Gradmaß rechnet. Umgerechnet werden kann wie folgt:

Tutorial Lineare Algebra deg2rad.png

Für den Umgang mit Sinus und Cosinus gibt es noch ein paar spezielle Formeln, die einem Arbeit abnehmen können:

sin(-ß) = - sin(ß)
cos(-ß) = cos(ß)

sin(90° - ß) = cos (ß)
cos(90° - ß) = sin (ß)

sin²(ß) + cos²(ß) = 1

Bei Bedarf stehen weitere in jeder brauchbaren Formelsammlung, aber meist kommt man mit diesen aus.

Die Welt der Matrizen

Matrizen gelten als das Handwerkszeugs eines 3D Programmierers. Sie sind, wenn man sie einmal verstanden hat, ein mächtiges Werkzeug, das man irgendwann nicht mehr missen mag. Vorher sollten wir aber noch einmal Vertieces in OpenGl(bei D3D dürfte es im übrigen ähnlich, wenn nicht genauso laufen) betrachten und uns erst dann auf Matrizen stürzen.

Vertices und ihr Ursprung

Ein Vertex beschreibt einen Punkt im 3D Raum. Man könnte nun annehmen, dass ein Vertex durch 3 Koordinaten x,y,z beschrieben wird. Das ist ein Trugschluss, denn die meisten 3D APIs verwenden 4-Dimensionale Vertices(x/y/z/w).

Ich denke, zu den 3 ersten Koordinaten muss ich nichts weiter sagen, zur w-Koordinate hingegen schon: w ist normalerweise immer 1.0. Mit glVertex4 kann bei Bedarf auch ein anderer Wert zugewiesen werden. Ist w ungleich Null, so wird ein Vertex als folgender 3-Dimensionaler Punkt interpretiert: (x/w, y/w, z/w). Im Normalfall sollte der Wert für w aber auf 1.0 belassen werden, es sei denn man hat eine interessante Idee, die sich mit einem w ungleich 1.0 besonders schön realisieren lässt.Wen die w-Koordinate interessiert, sollte in der OpenGl Spezifikation unter Coordinate Transformations nachschauen.

Ein Beispiel für die Verwendung von w Koordinaten: Beim ersten Dreieck ist im oberen Punkt w = 1.0, im 2. ist w = 0.5:

Tutorial Nachsitzen wcoord.jpg

Da w Koordinaten allerdings extremst selten benutzt werden, werde ich sie im Rest dieses Artikels ignorieren, das macht einiges wesentlich einfacher und belastet nicht mit relativ unwichtigem.

Einstieg in Matrizen

Beginnen wir am Anfang mit einer allgemeinen Definition einer Matrix:

Definition:Eine m x n Matrix ist eine Tabelle aus Werten mit n Spalten und m Zeilen.

Die in Direct3D und OpenGl Verwendung findenen Matrizen sind generell 4x4 Matrizen, mit Singles als Elemente:

Tutorial Nachsitzen Matrix4x4.png

Anwendung der Matrix auf einen Vektor

Hat man nun ein 3-Dimensionales Vertex(w=1.0!) und möchte diesen durch die Matrix schicken, so rechnet man:

Tutorial Nachsitzen Matrix4x4MulVec.png

Bzw:

x_neu := x*a[1,1] + y*a[1,2] + z*a[1,3] + a[1,4]
          {Koeffizienten aus der ersten Zeile der Matrix}
y_neu := x*a[2,1] + y*a[2,2] + z*a[2,3] + a[2,4]
          {Koeffizienten aus der zweiten Zeile der Matrix}
z_neu := x*a[3,1] + y*a[3,2] + z*a[3,3] + a[3,4]
          {Koeffizienten aus der dritten Zeile der Matrix}

Wer nun ein Wenig darüber nachdenkt, kommt auf ein Ergebnis:

Die Spalten sind die Bilder der Einheitsvektoren

Die Bedeutung dürfte noch keinem hier klar sein, aber ich denke das kommt bald.

Die Identitätsmatrix, oder der Ursprung von glLoadIdentity

Eine der wichtigsten Matrizen ist die, die nichts macht. Also ein Vertex dorthin Projeziert, wo es sich bereits am Anfang befand:

V * Matrix = V

Schauen wir zurück, wie eine Matrix auf ein Vertex angewendet wird:

x_neu := x*a[1,1] + y*a[1,2] + z*a[1,3] + a[1,4]

Unser Ziel ist, dass x_neu gleich x ist. Das lässt sich immer erreichen, indem wir den Koeffizienten a[1,1] = 1.0 setzen und die restichen = 0. Dann steht da nämlich:

x_neu := x*1 + y*0 + z*0 + 0 { = x }

Die gleiche Überlegung kann man auch für die anderen 2 Elemente y und z machen. Jede dieser Überlegungen ergibt eine Zeile der Identitätsmatrix. Die letzte Zeile(also für die w Koordinate) könnten wir uns genauso überlegen. Das Ergebnis ist in jedem Fall das Folgende:

Tutorial Nachsitzen IdentityMatrix.png

Ausgehend von dieser Matrix kann man sich jetzt weitere Matrizen überlegen:

Welten verschieben

Überlebenswichtig in 3D Anwendungen dürften die Translationsmatrizen sein, die ein Vertex verschieben. Durch den Umstand, dass die letzte Spalte einer Matrix in OpenGl einfach zum Wert des neuen Vertex dazugezählt wird, lässt sich eine Translationsmatrix sehr einfach realisieren:

Tutorial Nachsitzen MoveMatrix.png

Um den Ursprung drehen

Ein Porsche, den man vor zurück, links, rechts hoch und runterbewegen kann, ist schon was tolles. Viel toller wird er aber, wenn man ihn auch noch aus verschiedenen Blickwinkeln anschauen und frei drehen kann. Den meisten dürfte damit schon klar sein, worauf ich hinaus will: Drehungen mithilfe von Matrizen:

Drehen um die Z-Achse

Tutorial Nachsitzen rotz.gif

Rotationen zusammenstöpseln geht eigentlich recht einfach. Erinnern wir uns zuerst an folgenden Satz: "Die Spalten sind die Bilder der Einheitsvektoren". Mit dieser Hilfe können wir uns jetzt selbst überlegen, wie eine Rotationsmatrix, die um die Z-Achse mit dem Winkel ß dreht, auszusehen hat.

Gehen wir die Einheitsvektoren der Reihe nach ab:

Der Z-Achsen Einheitsvektor(0.0, 0.0, 1.0) bleibt bei unserer Rotation unverändert - man nehme einen Finger, deute damit nach vorne. Nun drehe man diesen Finger um seine eigene Achse, wohin zeigt er? In die selbe Richtung, wie vor der Drehung? So sollte es zumindest sein, ansonsten habt ihr ein anatomisches Problem ;-) Zumindest folgt daraus die letze Spalte der Matrix(sie entspricht dem Vektor): (0.0, 0.0, 1.0, 0.0)

Der X-Achsen Einheitsvektor(1.0, 0.0, 0.0) verändert sich hingegen schon. Mithilfe von Trigonometrie kommt man schnell auf der Lösung Spur. Ein Blick auf das Bild zum Einheitskreis zeigt schnell, dass wir gerade das gleiche Problem zu bewältigem haben: Die Rotationsachse ist in beiden Fällen die Z-Achse. Der Einheitsvektor, der gedreht wird, ist die X-Achse:

x := cos(ß)
y := sin(ß)

womit wir den Inhalt der ersten Spalte der Matrix kennen: (cos(ß); sin(ß); 0; 0)

Das lässt sich jetzt genauso auf den Y-Achsen Einheitsvektor(0.0, 1.0, 0.0) übertragen, man muss nur bedenken in welcher weise sich x und y vertauschen:

x = -sin(ß)
y = cos(ß)

So ergibt sich für die zweite Spalte: (-sin(ß); cos(ß); 0; 0)

Und schließlich können wir eine Matrix für die Drehung um die Z-Achse mit dem Winkel ß beschreiben:

Tutorial Nachsitzen RotZMatrix.png

Drehen um die X-Achse

Wenn man nun auf die gleiche Weise an die weiteren Drehachsen herangeht, so wird man auf dieses Ergebnis kommen:


Tutorial Nachsitzen rotx.gif Tutorial Nachsitzen RotXMatrix.png

Drehen um die Y-Achse

Tutorial Nachsitzen roty.gif Tutorial Nachsitzen RotYMatrix.png